preloder

das gute leer

Nichts liegt mir wie ein Schleier vor meinem geistigen Auge, alles ist offen und leer – das gute Leer, was sich in Null-Komma-Nichts in etwas Neues verwandelt.

Ich glaube, mein Gehirn macht manchmal einfach mal ein Reset und macht meinen Kopf leer. Wenn alles zu viel wird, um Platz für Neues zu schaffen – der Kopf fühlt sich dann so leicht an, wie eine Wolke. Es ist so viel Raum für neue Ideen und endlich inspiriert mich wieder alles – alles was ich sehe, höre, fühle, rieche, schmecke. Und ich könnte die ganze Zeit schreiben. Ohne nach zu denken, gleitet der Stift von ganz alleine über das Papier. Das liebe ich am meisten daran, man schreibt und schreibt, weiß gar nicht mehr was man schreibt. Es fühlt sich so natürlich an wie alles fließt. Es fühlt sich wie atmen an, als würde man durch den Stift Sauerstoff in die Lungen pumpen.

großstadttauben

Sie humpeln mit einem oder anderthalb Füßen auf dem Betonboden und picken jeden Krümmel auf, der den Touristen runter fällt.
Vorwurfsvoll schauen sie dich an, wenn du auf deinem Handy tippst.
Ignorant fliegen sie über die Köpfe hinweg und kacken überall hin.
Gelangweilt bewegen sie sich in der Landschaft und umgehen geschickt die spitzen Zacken, auf den Oberflächen, die am Bahnhof extra für sie montiert wurden.
Vermehren sich ungalant auf Neonleuchtreklameschildern.
Sinnbild für unsere in Städten lebende Gesellschaft – kacken da, wo sie fressen, Konsum, Konsum, Konsum, werden geduldet – aber nicht toleriert, stehen im Weg, tragen nichts bei, Leben in den Tag, denken dabei nicht an Morgen, leere Augen, kühler Blick, interesseloses Auftreten, nichts ist ihnen wichtig und doch hüpfen sie manchmal auf und ab – ja kann das Freude sein?

falsche medizin

Sie sehnt sich nach Liebe.
Deswegen handelt sie nicht immer klug.
Sie zehrt sich nach Zärtlichkeit.
Schaltet Systeme aus und Naivität lässt sie handeln.
Man kann es ihr jedoch nicht verübeln.
Denn so lange wurde ihr Aufmerksamkeit verwehrt.

Jede kleine Berührung nimmt sie dankend an.
Und lässt sie in den Himmel steigen vor Glück.
Jede verwehrte Gefälligkeit schickt sie in die Hölle.
Und heilen kann sie auch kein Liebestrank.
Ihre Wunden, tief im Herzen, sind irreparabel.
Denn was sie für Liebe hält – hat mit ihr recht wenig zu tun.

Sie denke sie wisse was sie bräuchte.
Aber eigentlich hofft sie, irgendwie die Symptome zu bekämpfen, wie Müdigkeit mit Red Bull – anstatt zu schlafen oder wie ein gebrochenes Bein mit einem Fußbad oder wie leere Batterien einer Fernbedienung mit drauf hauen – anstatt sie zu wechseln. (Der Unterschied ist nur, dass ein Wieder-gesund-werden bei ihr nicht einfach so geht.)
Und doch fragt sie nach tausend Küssen und unzähligen Umarmungen für das verkrüppelte Herz in ihrer Brust.

Prinzipien

Ist es eigentlich falsch seine Prinzipien über den Haufen zu werfen?

Was ist, wenn ich es für falsch halte, nicht wählen zu gehen oder wenn ich nicht heiraten will oder wenn ich es nicht einsehe, für einen Toilettenbesuch 1 Euro zu bezahlen oder wenn ich die Leute erst aus der Bahn aussteigen lasse, bevor ich selber einsteige und das anders herum auch so erwarte – ich weiß sehr random und teilweise belanglos – jeden falls nur um ein paar unverfängliche Beispiele zu nennen. Nun ich würde schon sagen, ich bin ein prinzipieller Mensch (und dennoch kann ich meine Prinzipien easy über den Haufen werfen und kann das mit mir vereinbaren, gehört vermutlich zum älter werden dazu). Ich habe so meine Ansichten und die verteidige ich auch bis zu einem gewissen Grad, manche sind wichtiger als andere – offensichtlich Watson und nu‘?

Alles ist im Wandel, alles verändert sich, zu welchem Grad sollte man dann an seinen Prinzipen festhalten? Aber was ist man dann ohne sie? Ein rückgratloses, meinungsloses Häufchen? Was ist richtig? Was ist falsch? Manche Sachen die ich vorhin aufgezählt habe, halte ich vielleicht für mich relevant, aber im Grunde genommen spielt es eine geringe Rolle, ob ich es für gut oder schlecht halte, weil beide Seiten irgendwie vertretbar sind. Zum Beispiel Leute die nicht wählen gehen, haben für sich plausible Gründe die dafür sprechen, die für mich unverständlich sind – und wenn sie nicht wählen gehen ist das ihre Sache und macht sie nicht automatisch zu schlechten Menschen (Wählen ist vielleicht doch nicht so unverfänglich als Beispiel und per Definition sehr politisch und eigentlich ist der Konsens recht hoch, dass es doch eine gute Idee ist wählen zu gehen – aber tun wir mal mir zu liebe, dass es super kontrovers ist, ob man wählen sollte oder nicht). Also wählen oder nicht wählen – man ist sich unschlüssig, die Leute haben jeder so seine Ansichten … ne das macht keinen Sinn ich brauche ein anderes Beispiel. Leute geht wählen bzw. ich hoffe ihr wart alle wählen, Wählen ist nicht kontrovers.
Neues Beispiel: Nehmt euch einfach irgendein Prinzip, was ihr in eurem Leben verfolgt und setzt es in die Lücke ein __________ (vegan, vegetarisch leben, Älteren in der Bahn den Platz freimachen, nichts wegschmeißen, immer aufräumen, nie aufräumen, abends die Zähne putzen, Pazifist sein, Christ sein, Antichrist sein – whatever.)
Nun bei einigen Dingen gibt es kein klares richtig oder falsch – oder doch? Oder gibt es richtig oder falsch überhaupt? Wer bestimmt das? Die Gesellschaft? Und nach welchen Kriterien? Wie können sich Prinzipien einer Person, geschweige denn einer Gesellschaft einfach so ändern? Sollte man überhaupt an Prinzipien festhalten? Sollte man überhaupt an richtig und falsch festhalten? Und warum sind das für jeden unterschiedliche Dinge? Klar, weil wir alle unterschiedlich sind, aber sollte richtig oder falsch Personenabhängig sein? Warum gibt es nicht e i n Richtig und e i n Falsch? – Weil es bei manchen Dingen einfach e g a l ist oder weil jeder seine eigene Moral vertritt?

Ich erfinde das Rad nicht neu – i know – aber interessant ist es doch, dass jeder so seine eigenen Prinzipien verfolgt und meistens die anderen nicht stört und man lässt sich gegenseitig gewähren. Ist ja auch richtig so oder? – Ich würde sagen ja.
Über mich würde ich ebenso sagen, dass ich schon so einiges toleriere – was meinen wichtigen Prinzipien eben nicht widerspricht, also so was wie nicht töten, niemanden hintergehen, nicht lügen usw.

Irgendwie scheint ja doch jeder für sich zu entscheiden was richtig und falsch ist und das stimmt dann der breiten Masse zu oder nicht – oder lässt man sich doch eher von der Welle tragen und beeinflussen – ich denke es gibt solche und solche Kandidaten.

Keine Ahnung irgendwie bin ich vom Thema abgekommen – es ging um Prinzipien und was sie Wert sind. – Für manche viel und mache sind auch viel Wert.
Versöhnend fällt mir nichts ein – aber vielleicht muss es auch nicht immer versöhnlich sein.
Die Frage nach Richtig und Falsch und nach Prinzipien, beschäftigt mich schon lange Zeit und meine Gedanken dazu drehen sich nur im Kreis und ich komme auf keinen grünen Zweig. Es bleibt mir doch ein Rätsel – auch wenn ich verschiedene philosophische Theorien gelesen habe und es klar mit der Sozialisation und Erziehung zusammenhängt welche Werte wir haben und und und – das ist mir schon alles bewusst, ich studiere Philosophie – ich weiß wer Kant, Locke, Hobbes, Hare und Mill sind und was Utilitarismus ist – dennoch ist dies keine zufriedenstellende Antwort woher denn nun unser Richtig und Falsch kommen. Es wird wohl noch einige Jahre (falls ich überhaupt eine befriedigende Antwort bekomme) und einige Nachforschungen und viele Überlegungen dauern bis mein Rätsel gelöst ist.

fensterschauen


Nachmittags, wenn alle Kinder mit ihren großen Rucksäcken von der Schule
Nach Hause schlendern und dabei laut lachen,
Stehst du am offenen Fenster, mit Kissen unter den Ellbogen und schaust.
Schaust, wie die Leute von der Arbeit kommen, wie sie einkaufen gehen,
Wie sie sich unterhalten und du selbst –
Schweigst und schaust.

Jeden Tag siehst du ungefähr das selbe. Nur ab und zu passiert etwas
Unvorhergesehenes und davon lebst du. –
Deine Wohnung interessiert dich nicht.
Dein Leben interessiert dich nicht.
Dich interessieren nur die Menschen, die an deinem Fenster vorbeikommen.
Aber eigentlich auch nicht so wirklich –
Es interessiert dich nicht, ob sie glücklich sind oder ob sie morgen sterben.
Es interessiert dich nur, dass du was zum schauen hast.

Jemand fällt, jemand spricht, jemand tanzt, jemand streitet, jemand verschüttet etwas.
Jemand fährt vorbei, jemand malt, jemand geht vorbei, jemand sitzt, jemand schreibt.
Jemand beobachtet (dich), jemand humpelt, jemand musiziert, jemand applaudiert.
Jemand spielt, jemand trinkt, jemand isst, jemand bellt, jemand putzt sich die Nase.
Jemand niest – Gesundheit!

Manchmal grüne Gräser, bunte Blumen, singende Vögel, ein Eiswagen, Flip-Flop-Geräusche, Tauben, Löwenzahn, dann Pusteblumen, Blüten an den Bäumen, dann Blätter, erst grün, dann orange, rot, lila, gelb und braun.
Es fällt dir auf wenn sich die Welt ändert, wenn die Jahreszeiten vergehen, aber auch nicht wirklich. Es fällt dir auf, aber du empfindest nichts.
Du empfindest schon lange nichts mehr.
Keine Freude, keine Trauer, keine Wut, kein Ekel, kein Frust, keine Ruhe, keine Euphorie, keinen Zorn, keine Geduld, keine Ungeduld, kein gar nichts.

Dich kommt schon lange keiner mehr mehr besuchen. Das einzige, was du noch hast, ist dein Fenster – es ist dein bester Freund und dein schlimmster Feind.
Glücklich bist du damit nicht,
aber wenigstens hast du noch was zum schauen.
Du siehst die graue Straße, die grauen Autos, die grauen Pullover, die grauen Mäntel und Taschen, die grauen Gebäude gegenüber. –
Du schaust in eine graue Welt
Und trotzdem bist du zufrieden,
Weil du wenigstens was zu schauen hast
Was dich löst von deinem grauen Geist.