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Zwischen Gut und Konsens

Wenn etwas, wie eine Handlung,eine Einstellung, eine Aussage, eine Lebensweise, eine Haltung, von allen allgemein als legitim angesehen wird, geduldet wird oder sogar als gut angesehen wird- ist das dann auch gut?

Ich fand mich, vor Angstschweiß triefend, auf dem Boltzplatz mit geballter Faust, das Blut pochte und ich sah ihn mit der Hand vor dem Auge- ich hatte ihn geschlagen. Warum? Weil er mich schon seit Monaten schlägt, schikaniert und einfach nicht in Ruhe lässt. Alle standen um uns herum. Sie hatten mich alle angefeuert, aber nicht so wie ihr denkt, nein spöttisch, nicht ernst gemeint, denn keiner hatte gedacht, dass ich heute zuschlage- nein alle hatten sich gefreut, auf noch eine Tracht Prügel von ihm für mich. Und als ich da so stand, mit geballter Faust, jubelten alle lauthals, denn endlich hatte ihm mal einer die Stirn geboten, eigentlich wollten sie das auch alle tun aber keiner traute sich.
Ich lächelte und alle liefen auf mich zu und gratulierten mir und er stolperte einige Schritte zurück und schaute ungläubig auf das Spektakel vor ihm.

Und wenn sich alle gleich verhalten und keiner das in Frage stellt- ist das dann richtig?

Ich saß mit ihm im Cafe am Fenster, eigentlich sollten wir über die Arbeit reden, aber ich wollte endlich ehrlich sein und ihm meine Gefühle gestehen. Ich fühlte, dass er das gleiche empfand.
Zitternd rührte ich in der Tasse, meine Hand war schweißnass, doch ich überwand mich und machte den ersten Schritt und sagte ihm wie ich mich fühlte und das ich mich deswegen auch so unendlich schlecht fühlte, weil er doch verheiratet ist. Ich bekam einen Kloß im Hals und eine Träne sammelte sich in meinen Augenwinkeln. Er sagte, dass ich wüsste was er fühlte. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich wusste auch, dass es nicht einfach werden würde für uns, dass es mehr als schwer werden würde. Aber unsere Gefühle sind stark genug um das zu schaffen- das wusste ich.

Wenn ich etwas für richtig halte- reicht das aus?

Schwitzend, nach dem joggen, ging ich zum Briefkasten und holte die Post. Die Familie war nach dem Frühstück noch in der Küche. Ich wartete nämlich schon Ewigkeiten auf die Antwort der Uni, wo ich mich beworben hatte- ich wollte Ärztin werden beziehungsweise hatte ich mich für Medizin beworben.
Mein Vater und meine Mutter sind Ärzte, meine Oma väterlicherseits war Ärztin und meine ältere Schwester ist Krankenschwester (sie bildet sich jetzt weiter zur OP-Schwester). Medizin ist sozusagen ein Familienunternehmen. Ich fand es schon immer interessant bei Papa in der Praxis. Es liegt ihnen allen im Blut- das können alle bestätigen die meine Eltern kennen. Für sie ist das keine Arbeit, sondern eine Leidenschaft.
Und dann schau ich mir diesen Brief an- ich wurde angenommen (ich bin die Tochter von zwei Ärzten, wäre ja auch komisch wenn nicht), meine Eltern freuten sich natürlich unglaublich.
Neben dem Berufswunsch hatte ich auch noch andere Interessen. Ich war immer schon angetan vom Schreiben, vom Journalismus. Dass man mehr oder weniger sein eigener Chef ist und schreiben kann was man will und so auch vielen helfen kann, wenn man die Wahrheit schreibt, kann man so auch Leuten die Augen öffnen. Bei uns an der Schule gibt es sogar (durch meine Initiative) eine monatliche Schülerzeitung. Ja meine Freunde finden es deshalb so Paradox, dass nicht eher sowas mache, sondern trotzdem Medizin studieren will beziehungsweise soll. Denn will ich es?

Und was wenn es nicht immer alle sind die die gleiche Meinung haben, sondern nur ein Teil etwas legitim findet- ist es dann falsch?

Es war ein sonniger Sonntag in den Sommerferien. Ich ging mit meinen Kindern in den Park, wir machten ein Picknick – ganz klassisch. Es war oft schwer als alleinerziehender Vater, aber die Kinder gaben mir so viel Kraft. Wir hatten eine gute Zeit und redeten über alte Zeiten, sie liebten es wenn ich erzählte welchen Blödsinn sie machten, als sie kleiner waren. So erzählte ich eine Geschichte vom letzten gemeinsamen Urlaub am Meer, wo wir noch eine ganze Familie waren, vor der Scheidung.
Plötzlich wurde ich still- es war mir irgendwie unangenehm darüber zu reden- als ob ich jemanden Salz in die Wunde streuen würde, vielleicht war es auch genau so, vielleicht streute ich damit allen Salz in die noch vorhandene, deutlich spürbare Wunde. Meine Kinder waren auch ganz still.
Dann legte meine älteste Tochter ihre, vor Schweiß nasse, Hand auf meine Schulter und sagte, dass ich das richtige getan hätte und das ich dabei an meine Kinder gedacht hätte und nicht an mich und, dass sie das verstehen und dankbar sind.

Es gibt kein richtig und falsch, es gibt nur das was die Gesellschaft akzeptiert, wonach sie lebt- und was sie nicht akzeptiert, was verurteilt wird.
Es gibt kein richtig oder falsch, was über uns steht, es ist alles richtig, was wir dazu machen- und es ist alles falsch, was wir als solches sehen.

Neujahrsgedanken

Ganz ehrlich Leute ich weiß nicht was ich sagen soll… soll ich Trübsal blasen… soll ich Hoffnung haben… soll ich positiv denken? oder lieber nicht- und realistisch bleiben -aber was ist realistisch? – das alles was passiert scheiße ist und was noch passieren wird noch mehr scheiße ist? keine Ahnung…. ich weiß nicht, ob ich zu trocken darauf blicke- aber ich glaube durch die Globalisierung und die Medien sehen wir vieles viel mehr und sehen es überhaupt. ohne Medien wüssten wir gar nicht was alles ab geht und ohne die Medien würden viele Sachen gar nicht ab gehen. und all das was passiert wird gebündelt und wir kriegen alles ab- aber nicht so wie es ist nein nein, sondern gefiltert und nur das was wir wissen sollen. ich weiß auch nicht, ob sich darüber Gedanken zu machen bzw. es aufzuschreiben überhaupt auch nur irgendwas bringt, weil gefühlt alle Leute schon gesagt haben wie schrecklich doch alles ist- menschen sterben, Ungerechtigkeit herrscht, Geld regiert, Menschlichkeit ist keine Selbstverständlichkeit -obwohl wir doch alle menschen sind.
und dann blicke ich wieder trocken darauf und frage- wann war es denn anders? es gab schon immer kriege, schlachten, schlechte menschen und die Leute lebten schon immer in Missständen- es war nie besser als jetzt. alles verändert sich- überall neuer Fortschritt: Technik, Autoindustrie, Energieversorgung, mode, film und und und- bloß der mensch bleibt immer gleich- die Menschlichkeit bleibt immer gleich selten.
es ist schwer alles zu schreiben was ich denke, es ist schwer die richtigen Worte zu finden. alles ist schrecklich und es tut so weh das zu sehen aber so sind die menschen, so waren sie und werden es immer sein.
und immer mehr verstehe ich warum leute an gott glauben- es geht nicht darum ob er oben im himmel auf einer wolke sitzt und einen bart hat, wirklich existiert und allmächtig ist- es geht viel mehr darum, dass man daran glaubt einer liebt dich so wie du bist, mit all deinen fehlern und dazu kannst du an ihm zweifeln aber er nimmt dich dennoch mit offenen armen wieder und wieder auf- und das schenkt so viel, dass man einfach in schweren zeiten an etwas glauben kann, wenn es eigentlich nichts gibt woran man glauben kann. – aber diese selbstgespinnte hoffunung ist keine option, sondern nur eine selbstberuhigung, selbstlüge.
und wenn man an all das denkt, sieht man wie wertlos bzw. nicht direkt wertlos, sondern unbedeutend sein leben ist; das klingt zwar jetzt offensichtlich aber man lebt es stumpf einfach nur für sich- in seiner kleinen welt und macht sich eine kleine freude. und all dies ist nicht schlecht, sondern ganz normal.
und wenn man an all das denkt, hat man irgendwie gar keine lust auf weihnachten und silvester, wo das früher für mich echt alles war.
um zum schluss noch ein paar normale soziale wörter zu finden entspanen wir uns etwas, genießen was da ist und machen das beste draus, ich mein 2016 wurden wir oft überrascht und warum 2017 nicht mal öfter positiv.

In diesem sinne zwar etwas spät aber
wünsche euch liebe, frieden, spaß und ganz viele regenbögen
-Emilia

Weihnachtszwischendurch

So wie jedes Jahr, hatten wir uns zu Weihnachten viel vorgenommen. Wir wollten alles am Tag davor kochen, Schlitten fahren, alle Geschenke kaufen und einpacken und natürlich das Haus schmücken. Ihr kennt das – alles wie immer…

Die Verwandtschaft sollte dieses Jahr zu uns kommen. Ich freute mich schon riesig, alle würden zu uns ins neue Haus kommen: Tante Olivia, Onkel Tom und die Zwillinge, Oma und Opa, Onkel Chris, zwei Kollegen von Mama und unsere Nachbarin Monica, ihr Mann und ihre Kinder. Ihr müsstet Jonas, meinen kleinen Bruder, sehen – der ist so aufgeregt. Es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Und eine der wichtigsten Fragen ist natürlich das Wetter: es lag zwar kaum Schnee aber dafür war es jeden Morgen umso frostiger und die Sonne schien – im Hintergrund der blaue Himmel. Jetzt fragt ihr euch bestimmt wo wir Schlitten fahren wollen, wenn kaum Schnee da ist – genau das frage ich mich auch die ganze Zeit.

Jonas und ich standen vor dem Fenster im Wohnzimmer (das machten wir fast jeden Nachmittag bis Papa kommt), eigentlich ja an der Heizung aber ganz praktisch, dass hier auch ein Fenster ist. Mama werkelte in der Küche und Papa war noch arbeiten. Jedenfalls standen wir an der Heizung und blickten aus dem Fenster auf unsere Straße – alles wie immer, kaum Leute, es sah windig aus, die Sonne ging tiefer, der Himmel färbte sich köstlich rotorange. Die Häuser müssen wohl alle frieren bei einem nach dem anderen kommt schöne weiße Watte aus dem Schornstein (ich weiß natürlich, dass das nur Rauch ist, aber es sieht so aus). So standen wir eine ganze Weile bis es ganz dunkel wurde. Mama sang mit dem Radio und jede Stunde lief das gleiche Weihnachtslied.

Endlich kam Papa nach Hause und unterm Arm hatte er einen riesigen Weihnachtsbaum. Wir aßen zu Abend und schmückten den Baum, es dauerte ganz schön lange. Heute durften wir sogar länger wach bleiben, weil morgen keine Schule war. Später saßen wir auf dem Sofa und schauten eine DVD. Doch Jonas verpasste leider das Ende – der schlief nämlich ein und unser Scherzkeks (unsere Mama) erlaubte sich einen Spaß und steckte Jonas den kleinen Finger in die Nase aber der merkte nichts, sondern schlief weiter – Papa und ich kriegten uns gar nicht mehr ein vor Lachen. Schließlich wurde er aber doch noch wach, erschrak und wedelte mit den Armen, ganz verschlafen rieb er sich die Augen und gähnte lauthals durchs ganze Haus. Als wir dann im Bett lagen, fragte ich Mama ob es denn noch schneien würde, weil wir doch Schlitten fahren wollten. Sie sagte, dass der Wetterbericht versprochen hatte, dass es die ganze Nacht schneien würde.

Und am nächsten Morgen war es dann wirklich soweit – es hatte mächtig geschneit. Jonas sprang schon auf meinem Bett rum, als ich gerade wach wurde. Wir wollten natürlich keine Zeit verlieren und machten uns direkt auf die Socken. Hinter einem kleinen Wald auf einer hügeligen Lichtung fuhren wir, wie jedes Jahr, den ganzen Tag Schlitten. Kurz bevor es dunkel wurde kamen wir Heim und wärmten uns mit einem Kakao. Mama und Papa schrieben gerade die Einkaufsliste für morgen. Jonas und ich räumten sein Zimmer auf – damit sich unser Besuch auch rein traut, ohne Angst zu haben auf einen Legostein zu treten.

Schon früh am nächsten Morgen fingen Jonas und Mama an zu kochen und zu backen und Papa und ich machten uns fertig und wollten schnell los. Ich zog mich an: graue Glitzerstrumpfhose, rotes Wollkleid, weißer Mantel, schwarze Lederstiefel, roter warmer Schal mit passenden Handschuhen und eine weiße Bommelmütze. Während wir fuhren wurde es endlich hell bei uns in der Stadt, ein wunderschöner Sonnenaufgang erwartete uns hinter jeden Hügel den wir runterfuhren. Niemand störte die Sonne – sie konnte in Ruhe aufgehen mit all ihren warmen Farben. Im Auto war es schön warm, Papa hat seine Rock CD eingeschmissen, lustig mit dem Kopf genickt und die Finger im Takt auf das Lenkrad getrommelt. Die Sonne schien uns direkt entgegen, der Wind wirbelte den Schnee nochmal auf, so dass es aussah als würde es wieder schneien.

Ich blickte aus dem Seitenfenster auf einen Wald, der sah so schön aus, ganz zugeschneit. Ich schaute ganz genau hin, weil hier gibt es manchmal Rehe und vielleicht würde ich ja eins sehen. Bald würden wir ankommen und einkaufen gehen und pünktlich zu Mama und Jonas zurückkehren und die frisch gebackenen Kekse essen.

Plötzlich störte die Sonne etwas beim Aufgehen – ein Auto fuhr auf der falschen Seite, direkt vor der Sonne, direkt auf uns zu. Papa bremste abrupt, ich drehte mich zu ihm und blickte wieder aus dem Fenster nach vorne. Papa versuchte noch irgendwie auf die andere Seite zu kommen, riss das Lenkrad um und bremste und bremste und bremste aber es war schon zu spät.

Die Frontscheibe zersprang in tausend Stücke und kurz bevor wir von den Glasscherben durchlöchert wurden, formte sich ein wunderschönes Muster auf der Scheibe, die Sonne spiegelte sich darin – wie eine goldene Schneeflocke flog das eiskalte Glas uns ins Gesicht. Die Airbags gingen auf und es wurde höllisch eng, ich bekam keine Luft mehr. Papas Hand griff noch nach mir aber ich konnte mich nicht bewegen, von allen Seiten quetschte es mich ein. Alles passiert so langsam, als würde die Zeit nicht mehr gehen. Papa schaut mich an aber ich kann mich nicht bewegen. Komischerweise höre ich keinen lauten Knall vom Aufprall – alles ist still.

Und das letzte was ich sehe sind die Augen von dem Menschen der meinen Papa und mich am Tag vor Weihnachten umgebracht hat.

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2016 ist fast vorbei. Es war mehr als chaotisch. Es ist ein leichtes dutzende Ereignisse zu finden die einfach schlichtweg scheiße gelaufen sind. Man könnte so viel sagen über das ganze Leid auf der Welt aber es fehlen die Worte. Man könnte so viel sagen was es angeblich besser machen würde aber selbst wenn es jeder hören würde passiert nichts. Die Natur des Menschen ist nämlich nicht immer gut, wenn sie es überhaupt ist.
In diesem Sinne wünsche ich jedem, dass er sich das Kindsein solange wie möglich behält- die urteilen nicht, die hassen nicht, die wollen einfach Spaß und stören sich nicht an Unwichtigem, sondern geben und nehmen Liebe- mit Freuden.
#makelovenotwar

Was kurzes

Kein Gedanke bleibt länger als drei Sekunden
der kopf so voll, dass nichts logisches rauskommt
man ist immer irgendwo lieber, als wo man gerade ist
alles dreht sich
sonne scheint- donner schlägt
regen fällt- regenbogen entdeckt
immer im kreis
der kopf so voll, dass nichts logisches rauskommt

Zwischen zwei Gegensätzen

je mehr du hälst, desto mehr verlierst du
je lauter du schreist, desto weiter geh ich weg
je mehr du willst, desto mehr will ich
je mehr du ziehst, desto größer wird die distanz
je mehr du liebst, desto weniger brauch ich diese
und je mehr du liebe brauchst, desto weniger kann ich sie dir geben
je mehr du willst, dass ich dich verstehe
desto mehr will ich, dass du mich verstehst
du wirst langsam kalt
ich werde langsam kalt
aber innen brodelt die wut nur, weil keiner den anderen verstehen will
wenn die köpfe nicht im selben takt spielen kann kein rhythmus rauskommen
wir sind eigentlich so ähnlich aber doch so fern von einander